Sie wurde nach der Stadt Reggio Emilia im Norden Italiens benannt, wo sie kurz nach dem 2. Weltkrieg entstanden ist. Der Grundstein wurde von Bürgern und Eltern gelegt. Die Erziehung der Kinder wird als gemeinschaftliche Aufgabe gesehen. Öffentlichkeitsarbeit und Elternarbeit gehören zu den Prinzipien der Pädagogik.
Das aktive Forschen und Entdecken der Kinder steht im Vordergrund. Die Kinder sind Selbstakteur ihres Tuns. Die ErzieherInnen „assistieren“ dem Kind, sie stehen ihnen als Begleiter zur Seite, d.h. sie sind nicht allwissend, sie hören zu und beobachten die Lernprozesse der Kinder. Die Kinder lernen, sich Informationen zu beschaffen, indem sie, z.B. Menschen mit Fachkenntnissen befragen. Für ihre Ausdrucksform und Entdeckungsfähigkeit sollen die Kinder geschätzt werden. Die Kinder werden auch als Musiker, Dichter, Naturwissenschaftler, Konstrukteure, Künstler…verstanden.
In Reggio Emilia wird der Kreativraum als „Atelier“ bezeichnet, in dem die Kinder in Zusammenarbeit mit einem „Atelieriste“, bzw. einer „Atelierista“ (in der Regel Künstler) mit verschiedenem Material, Medien und Werkzeug arbeiten.
Das Herzstück der Reggio-Pädagogik ist die Projektarbeit: Nach einer Themenfindung, die die Interessen der Kinder wiederspiegelt, wird das Projekt mit den Kindern geplant, erarbeitet, analysiert und dokumentiert. Die Eltern können mitwirken.
Auch die Architektur spielt eine wichtige Rolle: Die Räume sollen an echte Wohnräume erinnern, die Schutz und Geborgenheit ausstrahlen. Es gibt einen Mittelpunkt, von wo die Kinder alle übrigen Räume schnell erreichen können.
In die „Remida“ (ein altes Fabrikgebäude) bringen die lokalen Hersteller ihren Überschuss, Fehlproduktionen oder Ausschussware, jedoch keinen Müll. Die ausgemusterte Ware steht den Kitas in Reggio Emilia kostenlos zur Verfügung, für kreatives Tun, Experimentieren, Gestalten…Das ausrangierte Material selbst wird zu einer Sprache über Nachhaltigkeit, es beeinflusst die Ästhetik der Kitas.
Loris Malaguzzi, kultureller Begründer und Mentor dieser Pädagogik schrieb ein Gedicht:
„Die 100 Sprachen des Kindes“
Die Hundert gibt es doch
Das Kind besteht aus Hundert
Hat hundert Sprachen
hundert Hände
hundert Gedanken
hundert Weisen zu denken, zu spielen und zu sprechen.
Das Kind hat hundert Sprachen und hundert und hundert.
Neunundneunzig davon aber werden ihm gestohlen
weil Schule und Kultur
ihm den Kopf vom Körper trennen.
Hundert – immer hundert Arten
zu hören, zu staunen und zu lieben.
Hundert heitere Arten
zu singen und zu begreifen
hundert Welten zu entdecken
hundert Welten frei zu erfinden
hundert Welten zu träumen.
Sie sagen ihm:
Ohne Hände zu denken
ohne Kopf zu schaffen
zuzuhören und nicht zu sprechen.
Ohne Heiterkeit zu verstehen,
zu lieben und zu staunen
nur an Ostern und an Weihnachten.
Sie sagen ihm:
Die Welt zu entdecken, die schon entdeckt ist.
Neunundneunzig von hundert werden ihm gestohlen. Sie sagen ihm:
Spiel und Arbeit
Wirklichkeit und Phantasie
Wissenschaft und Imagination
Himmel und Erde
Vernunft und Traum
seien Sachen, die nicht zusammen passen.
Sie sagen ihm kurz und bündig,
dass es keine Hundert gäbe.
Das Kind aber sagt:
Und ob es die Hundert gibt”.